An den Feuern der Leyermark ist ein Roman von Carl Amery (erschienen 1979). Er besteht aus drei Teilen: gKall, dTéres, und bMaxi. Es ist selbst für viele Bayern nicht offensichtlich, aber sie sind einfach nach wichtigen weiblichen Charakteren benannt. - "dTéres" für "(die) Therese (Schwartz)" ist auch für "Zuagroaste" erkennbar, aber dass "gKall" uriger Dialekt für "die Kathl/Katharina" ist, und wie aus einer Maximiliane Irber "bMaxi" wird, dürfte nicht für alle klar sein.
(Wen es interessiert: gKall ist die Schwester vom Suyer-Großbauern Bartholomäus "Bartl" Brettscheid aus Reithbichl bei Osterhofen; dTéres liebt den Eisenbahner/Arbeitervereinsmitglied/Heine-Leser Serge Brädl, und hat keine Furcht; und die blonde bMaxi ist das Modell des Kunstmalers Wilhelm Quapp.)
Das Buch spielt hauptsächlich in Bayern - und gleichzeitig in einem Bayern, das (zumindest von den Namen her) nicht das aus unserer Welt ist, und dabei doch bayerischer als das reale Bayern. Statt Maximilian I. Joseph der Wittelsbacher Linie Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld wurde 1806 ein Graf Martin Aloys von Wurzach-Geißenhayn zum baierischen [sic!] König ernannt. Seine Tochter Faustina Eulalia heiratete auf Napoleons Wunsch den Napoleoniden Eugène, das hatte geholfen. Sein (Martins) Nachfolger Radwig I. verordnete die Schreibung mit Y (auch für Mynchen, Nyrnberg, Wyrzburg und diverse Freyherrn!) und nannte das Land in die "Leyermark" aus dem Titel um - aber nicht den Volksstamm in "Bayern".
In der Gegenwart ist Radwig III. König, der aber am liebsten nur Schlösser bauen und mit seinem bevorzugten Komponisten Bertold Nuschke (aus Sachsen) Musik genießen würde. (Dieser hat die Oper Laurin komponiert, aber auf Anraten des Königs keinen Nibelungen-Zyklus.) Aber der schlaue preußische Ministerpräsident Trutz von Donnersmark lässt Radwig keine Ruhe...
(Die Napoleons, Moltke und Eugenie existieren andererseits unverändert...)
Teil 1[]
Zur Vorgeschichte: Gottfried Schmitzke (* 1822) war ein Teilnehmer der gescheiterten Revolution von 1848, also ein "48er", der danach in die USA auswanderte und zeitweise bei den (Boyton's) Free Riders kämpfte. Anschließend wurde er Waffenschmied und baute in Arkansas für die CSA eine Geheimwaffe, ein Schnellfeuergewehr mit einem 20-Patronen-Magazin und einer Reichweite von 2400 Yards. Allerdings wurde sie nicht rechtzeitig fertig, um noch im Krieg eingesetzt werden zu können, so dass nun 564 "Godfrey rifles" unbenutzt herumliegen.
1866, als im Deutschen Bund Krieg droht, hat der Ministerial-Adjunkt Damian Freyherr zu Kyburg vom Stammtisch der Reichsfreyen (Juristen und potentielle Minister) einen schlauen Plan (er hat Hegel gelesen, denkt dialektisch, ist daher in der Lage, erst eine Sauerei anzurichten und sie dann zu beklagen): Er will die erwähnten "rifles" für eine sechsstellige Summe leyermärkischer Gulden für die königlich-baierische Armee erwerben und damit ein Chaos anrichten - denn er ahnt schon, dass "rifles" nicht nur "Gewehre", sondern auch "Schützen" bedeuten kann. Sein Vorgesetzter Schallberg ist leicht zu übertölpeln, weil sich dieser davon beeindrucken lässt, dass der Anführer Gaston Napoléon Arrangiérèz (* 1831 in New Orleans, Sohn der Mulattin Flora de Sept-Fleurs) Enkel des baierischen Politikers Ignace Arrangiérèz ist. Gewissensbisse hat Damian keine, weil er damit rechnet, dass Bayern sowieso verlieren und die deutsche Einigung zwangsläufig kommen muss, wegen dem Weltgeist.
Dann treffen die "rifles" in Mynchen ein: Arrangiérèz selbst, seine buntgemischte Truppe, in der auch Schwarze (wie der evangelikale Prediger "Shlomon the king"), Indianer (wie der Sioux Sonne-von-Links, Tierarzt der Truppe), Mexikaner (Dario Barclay »El Suegro« Marquez, ein übergelaufener Offizier), und diverse Einwanderer aus Deutschland (wie Radwig "Rocky" Bleyel), Irland, Skandinavien und anderswo mitkämpfen. Der preußische Gesandte hält sie einfach nur für einen "Sauhaufen" - aber er täuscht sich; hinter den abgerissenen, bunt gemischten Uniformen verbergen sich erfahrene Veteranen des Amerikanischen Bürgerkrieges. Den Mynchnern macht es nichts aus, sie rufen "Hoch die Ami!".
Unterdessen tut sich der alte Prinz Theobald junior, Oberkommandierender der Baiern, schwer mit dem Chaos des Krieges. Dann bringt die Freye Amerikanische Legion einen zusätzlichen Trumpf: Sie verkauft den Menschen "Shares", also Anteile der Kriegsbeute, so dass alle etwas von einem Sieg haben. (Einfache Soldaten bekommen einen Viertel-Share; wer ein Pferd hat, einen halben; wer eine Lokomotive organisiert, einen ganzen - was auf über 5.000 Gulden hinausläuft.) So motiviert, gewinnt der Süden die Schlacht von Königgrätz (in dieser AZL: Schandau - daher "die Schande von Schandau", wie die Preußen sie nennen).
Teil 2[]
Am 22. Juli wird Falkenhayn mit seiner Main-Armee geschlagen. Der Soldat Vinz kehrt (mit einem Fuß weniger) zu gKall zurück. Ein ungerechter Offizier, der seine Soldaten wegen ungeputzter Knöpfe und ähnlich winziger Vergehen in Arrest bei Wasser und Brot geschickt hat - um die 31 Kreuzer pro Tag für erspartes Essen selber einzustecken - wird in einem Wirtshaus vor ein improvisiertes Tribunal gestellt, und dann im Lattenkäfig auf einem Ochsenkarren durch die Lande gezogen, wobei für ihn wie für einen Bettler gesammelt wird. Kyburg macht sich an Elisabeth geb. Weydthaus, Tochter eines neuadligen Waffenfabrikanten aus Nyrnberg heran. Damian stellt sich Bleyel auf seinem Grund entgegen (schließlich ist er alter Baron), aber beim Wirt kommen sie zu einem gentleman's agreement. Soldaten-Comités bilden sich. Die Deutsche Rheinische Republik (DRR) wird in Cöln ausgerufen. Im Kyffhäuser entsteht unterdessen ein neues Amphitheater (3000 Plätze!) für Nuschke. Dann kommt es zu einem Zwischenfall: Der schwarze evangelikale Prediger "Shlomon the king", in den sich dTéres verliebt hat, ist in Neumünz ums Leben gekommen; also besetzt die Freye Amerikanische Legion die Stadt und nimmt Geiseln, bis der Fall geklärt ist. Wie sich herausstellt, ist ein Dekan Ostermeyer schuld - Shlomon wurde ermordet, Ostermeyer wollte es als Unfall darstellen.
Teil 3[]
Nun droht der Einmarsch Frankreichs. Aber Ivor St. Jacques (wohl Anspielung auf Victor Hugo) kehrt aus der Verbannung von den Kanalinseln zurück und ruft die Franzosen zum Widerstand auf, die Dritte Republik wird ausgerufen, die Legion Lafayette begründet. Kaiserin Eugenie fleht im Kyffhäuser Radwig an, das monarchische Prinzip zu retten; Napoleon III. harrt unterdessen noch bei seinen Truppen im östlichen Festungsdreieck aus. Tonio Zannantonio ist mittlerweile neuer Premierminister der Leyermark geworden; dann kommt es zum Aufstand, als ein inkompetenter baierischer Offizier vom Pferd gerissen wird. Und im Kyffhäuser kommt es zu einer Explosion, weil dort für eine Aufführung Gas gelagert wurde, und dann Raketen einschlugen; Radwig III. beschließt, dass er für immer im Kyffhäuser bleiben will, so dass die Leyermark ohne Probleme in eine Republik umgewandelt werden kann. Am 14. Juli 1867 findet das Bruderfest der Völker in Colmar statt. Am Ende wird die Centraleuropäische Eidgenossenschaft gegründet - mit der Hauptstadt Mynchen.
Kritik[]
Carl Amery hat schon in anderen Büchern bewiesen, dass er a) in der Geschichte gut recherchieren und dabei viele obskure, aber nicht uninteressante Details herausfinden, b) komplizierte, aber funktionierende Plots bauen, und c) originelle, auf die Charaktere zugeschneiderte Mono- und Dialoge schreiben kann. Auch seine spezielle Liebe für Bayern und seine Bewohner hat er niemals versteckt. Aber in der "Leyermark" hat er sich selbst übertroffen. Ein komplexer Plot, der die Geschichte gleich zweifach ändert - sowohl zugunsten von Bayern als auch den Republikanern/Libertären/Anarchisten, beides keine leichten Herausforderungen - Carl Amery bringt es fertig. Einen Kompromiss zwischen einer baierischen Republik und gebührendem Respekt für den damaligen "Kini" Ludwig II. (da er für beide Sympathien hat) finden scheint unmöglich? Nicht für Carl Amery. Und elaborierte Dialoge für so viele so verschiedene Charaktere (vom hegelianischen fränkischen adligen Karriere-Bürokraten über den exzentrischen radikal aufgeklärten Schullehrer bis zum ungebildeten plattbaierischen Großknecht) zu schreiben, habe ich bislang bei keinem Autor gefunden. So ein spezielles Buch kann wirklich nur der Carl Amery schreiben!--Max Sinister \ (Chaos / HM6) \ 💬Diskussion \ 23:20, 16. Aug. 2023 (UTC)
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