Carl Gustav Jung (* 26. Juli 1875 in Kesswil, Kanton Thurgau), meist kurz C. G. Jung, ist ein Schweizer Psychiater und der Begründer der analytischen Psychologie. Anhänger dieser Richtung werden Jungianer genannt.
Er ist nach Freud einer der bekanntesten Psychologen der Welt geworden und galt eine Zeitlang sogar als dessen "Kronprinz". Einige Begriffe, die er prägte, sind auch Laien bekannt: "kollektives Unbewusstes" (1916), "Extra-/Intraversion" (1921), "Individuation" / "Selbstverwirklichung" (1933), und "Komplex" (1934).
Ursprünglich hatte er Medizin, Jura und Philosophie studiert. Er interessiert sich für Okkultes, Parapsychologie, und Seancen. Seit 1900 arbeitete er in der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich.
Im Februar 1903 heiratete er die wohlhabende Schaffhauserin Emma Rauschenbach (* 1882).
1905 habilitierte er sich mit den Ergebnissen seiner Forschungen über Diagnostische Assoziationsstudien: Beiträge zur experimentellen Psychopathologie.
1907 traf er zum ersten Mal Sigmund Freud, mit dem er sich viele Stunden unterhielt. 1910 bis 1914 war er Präsident der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung. Ende 1912 kam es aber zum Bruch mit Freud.
Viele Sommer lang hielt er Tagungen in der bekannte Kommune auf dem Monte Verità ab.
1934 stellte er sein Konzept der Archetypen vor: Grundstrukturen menschlicher Vorstellungs- und Handlungsmuster, die sich angeblich im "kollektiven Unbewussten" befinden sollen.
Das Team Myers–Briggs entdeckte seine Persönlichkeitstypenlehre (er teilte sie in Extro-/Introvertierte, Intuition/Sensorik, Denken/Fühlen) 1923.
Zu seinen Patienten gehör(t)en Wolfgang Pauli, Hermann Hesse, und Sabina Spielrein. Obwohl er umstritten bleibt, hat er viel Einfluss, insbesondere auf diverse Künstler.
Gegen die Nazis[]
Als Präsident der Internationalen Allgemeinen Ärztlichen Gesellschaft für Psychotherapie versuchte er, die Psychotherapie in Nazi-Deutschland zu verteidigen, wo sie als "zu jüdisch" verdächtigt wurde. Allerdings kam er so auch in den Verdacht der Anbiederung an die Nazis. Im September 1940 trat er endgültig zurück.
Im Jahre 1939 wurden Jungs Werke in Nazi-Deutschland auf die «schwarze Liste» gesetzt. Seit Mai 1940 weiß er, dass er auch verhaftet werden soll, wenn die Nazis jemals die Schweiz besetzen sollten.
1918 schrieb er bereits warnend über die «germanischen Barbaren», deren Seele neben einer zivilisierten Seite eine davon abgespaltene «blonde Bestie» berge, die sich «in ihrem unterirdischen Gefängnis umdrehen und uns mit einem Ausbruch mit verheerenden Folgen bedrohen» und z. B. als «soziales Phänomen auftreten» könne.
Ebenfalls 1918 schrieb Jung in «Über das Unbewußte» darüber, dass der Zeitraum, in dem sich die Menschheit als «Kulturmensch» eine hochentwickelte Kultur erworben hat, in der Seele einer dünnen Patina entspreche «im Verhältnis zu den mächtig ausgebildeten primitiven (Anm.: d. h. archaischen) Schichten der Seele. Diese Schichten aber formen das kollektive Unbewußte, zusammen mit den Relikten der Tierheit (Anm.: den Instinkten), die in unendliche, nebelhafte Tiefen zurückweisen.»
Sein tiefenpsychologisches Verständnis des Zeitgeschehens in Nazi-Deutschland legte Jung in seinem Aufsatz «Wotan» (1936) dar.
Im Januar 1939 erschien im New Yorker International Cosmopolitan unter dem Titel «Diagnose der Diktatoren» das von Jung gegebene, sogenannte Knickerbocker-Interview, worin Jung versuchte, Adolf Nazi und den Nationalsozialismus der Deutschen aus psychologischer Perspektive zu erklären. Dieses Interview wurde und wird von Kritikern als Entschuldigung oder Legitimierung aufgefasst.