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Maginot Linie Karte

Die Maginot-Linie, die nun auch nichts geholfen hat

Frankreichs Appeasement-Politik unter Daladier hatte den Zweiten Weltkrieg nicht verhindern können, aber zumindest glaubte man sich sicher hinter der Maginot-Linie, dem stärksten Festungsgürtel der Erde. Auf diejenigen, die wie Charles de Gaulle eine aggressivere Vorgehensweise vorgeschlagen hatten, wurde nicht gehört.

Der "komische Krieg"[]

Möglicherweise glaubte man sich zu sicher: An der Westfront Deutschlands kam es zunächst, was viele verwunderte, praktisch zu keinen Kampfhandlungen, obwohl das Britische Empire und Frankreich bereits am 3. September den Krieg erklärt hatten. Das, obwohl etwa 110 westliche Divisionen gegen 23 deutsche standen - manche Bunker im Westwall waren nicht einmal bemannt. Auch die französische Luftwaffe wurde wegen chronischem Mangel an Ersatzteilen kaum eingesetzt. Diese Situation wurde "Sitzkrieg" oder "komischer Krieg" (phoney war/drôle de guerre) genannt. Manche der 220.000 Soldaten in den Maginot-Festungen benutzten sogar die Rohre für die Granaten, um dort eine Weinflasche abzustellen. Deswegen passten in die Rohre nur noch 19 statt 20 Granaten...

Bedenklich war auch, dass manche Leute wie der spätere Kollaborateur Marcel Déat die Frage stellten "Mourir pour Dantzig?" (Sterben für Danzig?) und so der Moral der Soldaten zusätzlich schadeten. Manche Antisemiten sagten sogar "Besser Hitler als Blum!" - Und auf der anderen Seite versuchten auch viele Kommunisten, möglichst wenig zu arbeiten und zu kämpfen, wohl auf Anweisung von "Genosse" Stalin hin.

Im März 1940 wurde Daladier (der "Stier aus der Vaucluse" genannt) dann durch den Gegner des Münchener Abkommens Reynaud ausgetauscht, aber auch unter ihm kam es zu keinem Angriff auf Nazi-Deutschland, auch dann nicht, als es im April Dänemark und Norwegen besetzte. (Ein Grund für seine Passivität könnte gewesen sein, dass seine Geliebte Hélène de Portes eine Sympathisantin der Nazis ist und allen sagte, dass der Krieg sowieso verloren wäre und sich ein Kampf nicht mehr lohnen würde. Selbst auf internationalen Konferenzen durfte sie sich einmischen.) Immerhin trieb Reynaud die alliierte Intervention in Norwegen voran und versuchte auch, das Britische Empire unter Neville Chamberlain dazu zu bewegen, weiter bei Narvik zu kämpfen und sich nicht zurückzuziehen, allerdings vergeblich.

Der richtige Krieg[]

Dann aber, am 10. Mai, fiel die Wehrmacht in den Niederlanden, Belgien, und Luxemburg ein. Nicht nur das, sie schaffte auch einen Panzer-Durchbruch in den Ardennen - obwohl das Gelände als ungeeignet für Panzer galt! - und zwang so die französische Armee, sich weiter zurückzuziehen und den größten Teil Belgiens aufzugeben. Viele Nordfranzosen flohen bereits. Am 15. Mai kontaktierte Reynaud den neuen britischen Premierminister Winston Churchill und benutzte dabei die Worte "Wir sind besiegt". Churchill flog am 16. nach Paris, traf den gescheiterten Kommandeur Gamelin und fragte ihn nach der strategischen Reserve. Die Antwort soll gelautet haben "Aucune" (Keine!). In der Stadt herrschte Panik, Archive wurden verbrannt, die Evakuierung vorbereitet. Am 17. Mai warf ein Gegenangriff von de Gaulle bei Montcornet die Wehrmacht ein paar Kilometer zurück - er war der einzige, dem dies gelang. Am 18. Mai wechselte Reynaud Gamelin durch Weygand aus - der dazu extra aus Syrien kommen musste - was aber auch nicht mehr half. Am selben Tag wurde Philippe Pétain zum Vizepremierminister ernannt.

Bis zum 20. Mai erreichte die Wehrmacht den Ärmelkanal; die Reste der belgischen Armee, das britische Expeditionskorps unter Lord Gort, und drei französische Armeen waren von Frankreich abgeschnitten. Am 24. Mai nahm die Wehrmacht Boulogne und schloss Calais ein, was die Chancen der Alliierten auf Evakuierung deutlich verschlechterte. Am 25. Mai gelang überraschend auch die Besetzung von Dünkirchen, womit sie praktisch auf Null fielen. Am gleichen Tag wurde über ein Dutzend französischer Generäle ihres Kommandos enthoben.

Für den 26. Mai war eine Konferenz von Reynaud und Churchill in London geplant, die aber von der Situation bei der Schlacht von Dünkirchen überschattet wurde. Churchill hatte gehofft, mit der "Operation Dynamo" wenigstens einige zehntausend Mann evakuieren zu können; nun schien selbst dieses Ziel fern gerückt. Ein letzter französischer Gegenangriff bei Abbeville lief sich tot, und auch ein massierter Panzerangriff auf das besetzte Dünkirchen wurde zurückgeschlagen.

Der Zusammenbruch[]

Am 2. Juni begann die erneute deutsche Offensive ("Fall Rot"), gegen die Frankreich nur noch knapp 60 Divisionen und 500 Panzer aufbieten konnte. Hinzu kam, dass immer noch hunderttausende Soldaten in der Maginot-Linie gebunden waren. Bereits am 9. Juni hatte die Wehrmacht die Seine erreicht. Diese Erfolge ermunterten Benito Mussolini, Frankreich und Großbritannien am 8. Juni ebenfalls den Krieg zu erklären, auch wenn seine Erfolge sehr klein blieben.

Am 10. Juni besetzte die Wehrmacht Paris, das am Tag zuvor zur offenen Stadt erklärt worden war. Die Regierung war bereits am 7. Juni geflüchtet. Auf der Konferenz des Obersten Kriegsrats in Briare am 11. Juni waren bereits alle Beteiligten außer de Gaulle und Churchill wegen der heranrückenden Wehrmacht in Panik. Auch die Konferenz von Tours am 13. Juni blieb ergebnislos, obwohl nochmals eine englisch-französische Union (eine Idee von Jean Monnet) vorgeschlagen wurde. Daher flog de Gaulle (der am Vortag entlassen worden war) noch in der Nacht nach London, wo er das Freie Frankreich proklamierte, das am 25. Juni von Churchill als rechtmäßige Regierung im Exil anerkannt wurde.

Fast unbemerkt hatte die Wehrmacht mittlerweile mit einstelligen Verlusten die gefürchtete Festung von Verdun genommen, und auch die Maginot-Linie an mehreren Stellen durchbrochen - selbst in dieser Hinsicht erwies sie sich als nutzlos. Damit war auch der Nordosten von Frankreich in deutscher Hand. Den Millionen von Flüchtlingen aus diesem Gebiet wurde verboten, zurückzukehren.

Der Waffenstillstand[]

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Das besetzte Frankreich

Mittlerweile war Pétain (ebenfalls am 13. Juni) zum neuen Premierminister ernannt worden. Er begann, mit den Achsenmächten zu verhandeln: Am 17. wurde ein Waffenstillstand mit Deutschland geschlossen. Dabei bestand Adolf Nazi darauf, dass dieser am selben Ort (im Wald von Compiègne) und im selben Eisenbahnwaggon (der aus einem Museum beschafft werden musste) wie die deutsche Kapitulation von 1918 abgeschlossen wurde. Anschließend wurde der Waggon nach Deutschland gebracht und die französische Erinnerungsstätte gesprengt - nur das Denkmal von Marschall Foch blieb stehen, inmitten einer Schutthalde.

Am 18. kam es auch zum Waffenstillstand mit Italien, und am 19. traten beide in Kraft. Die Wehrmacht besetzte nun noch die gesamte Atlantikküste. In der Maginot-Linie kapitulierten die letzten Einheiten am 24. Juni. Elsass-Lothringen kam unter deutsche Zivilverwaltung, trotz französischer Proteste. Die Pétain-Regierung organisierte sich nun in dem Kurort Vichy neu, von wo aus sie die unbesetzten 40% des Landes regieren durfte. Etwa 1,5 Millionen Franzosen waren in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten, 150.000 gefallen. Der neue Staat durfte nur noch ein 100.000-Mann-Heer unterhalten, also nicht mehr als Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg. Die Dritte Französische Republik war endgültig gescheitert.

Dass Reynaud mit seiner Geliebten Ende Juni Frankreich verließ, um über Nordafrika in die USA zu gehen, half weder seinem Image noch dem der Republik.

Bis zum Ende des Jahres ließ Josef Bürckel, Gauleiter der "Westmark", über 50.000 Lothringer nach Rest-Frankreich vertreiben, da er ihre Loyalität bezweifelte.

So wie in den Benelux-Staaten wurde in Frankreich nun die Mitteleuropäische Zeit eingeführt. Alle Uhren mussten eine Stunde vorgestellt werden.

The Eiffel Tower during the Nazi occupation, 1940

"V" für "Viktoria" - so will die Nazi-Propaganda das Zeichen für sich besetzen

Das Land leidet wirtschaftlich stark unter der Besatzung: Es mangelt stark an Benzin, das fast nur an die Wehrmacht geht. Der französische Franc wurde umgestellt, eine Reichsmark gilt jetzt 20 Francs (im Goldstandard galt: 4 RM = 5 Francs). Damit machte das Reich einen besseren Schnitt als die Sowjetunion in den annektierten baltischen Republiken.

In der Nacht vom 14. auf den 15. Dezember 1940 wurde der Sarkophag von Napoleon II. auf Befehl des "Führers" aus der Kaisergruft entfernt und per Eisenbahn nach Paris überführt (in Erinnerung an die Überführung Napoléons von St. Helena nach Paris hundert Jahre zuvor - kleine Geschenke erhalten die Freundschaft); Herz und Eingeweide blieben jedoch in Wien. In Paris wurde der Sarkophag im Invalidendom in der Kapelle des heiligen Hieronymus (frz. Chapelle Saint-Jérôme) aufgestellt, in der sich auch das Grab Jérôme Bonapartes befindet.

Viele Franzosen, speziell die jüngsten, wollen es nicht wahrhaben: Wie ist es möglich, dass ihr Nachbarland, das vor weniger als zehn Jahren so geschwächt war, ihnen jetzt so eine erschütternde Niederlage zugefügt hat? Nach dieser Antwort werden sie ein ganzes Leben suchen müssen.

Siehe auch:

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