Plan D ist ein Alternativgeschichte-Thriller von Simon Urban, der 2011 erschien und auch in diesem Jahr spielt.
Der zynische, 56-jährige Berliner Bulle Martin Wegener arbeitet wieder mal an einem Fall. Ein wohlhabender alter Mann hat sich (oder wurde?) an einer russischen Gaspipeline erhängt. Nebenbei reden Wegener und die Kollegen über die aktuelle Politik, vom Staatsratsvorsitzenden Krenz, der mit Bundeskanzler Lafontaine bald eine wichtige Konferenz macht... Moment, was?
Hintergrund[]
Die DDR hat bis in die Gegenwart überlebt. Krenz ist immer noch Ministerpräsident, aber die Umweltverschmutzung in der DDR ist schlimmer als je, ebenso die Lage ihrer Wirtschaft. Die Trabbis wurden teilweise durch den neuen Phobos ersetzt, der mit Rapsöl läuft - deshalb riecht jetzt ganz Berlin wie eine Frittenbude, was zur zynischen Atmosphäre des Buchs beiträgt.
In der BRD war nach dem Fall von Kohl Schäuble Kanzler, auf den Roland Koch folgte, dem aber die Finanzkrise 2007/08 das Genick gebrochen hat. Lafontaine ist auch in dieser AZL aus der SPD ausgetreten - seine Neugründung wuchs über die Jahre von der Splitterpartei zur echten Volkspartei, bis er Kanzler (mit Claudia Roth als Vize) wurde.
Wie wir erfahren, hat es um 1989/90 einen Putsch gegeben: Honecker und Mielke wurden gestürzt, Krenz kam so an die Macht, hat sich aber nie von der Volkskammer bestätigen lassen. Zum neuen Stasi-Minister wurde ausgerechnet ein Westimport: Otto Schily! Die Mauer wurde geöffnet, allerdings nur kurzzeitig, was aber reichte, um die Bevölkerung der DDR durch Flucht auf 14,5 Millionen zu reduzieren. So wurde das Leben der DDR um etwa 20-30 Jahre verlängert - Wiederbelebung statt Wiedervereinigung. Dabei half ihr, dass die BRD das russische Erdgas benötigt.
Die DDR hat sich in mancher Hinsicht weiterentwickelt: Es gibt das Internet (bzw. Transnet) mit der Top-Level-Domain .gdr für die DDR und Emails (bzw. TMs), Handys (Modell Minsk) von Telemedia, Zorki-Digitalkameras, sogar Soziale Netzwerke für nur 12 Ost-Mark im Monat (und die Stasi kann überall mitlesen), die Fastfood-Kette Buletto (wo man Wart-Burger, Magde-Burger und Branden-Burger bekommen kann - selbst das Logo erinnert an das goldene M), Wodka Putin, "Bioneer"-Limonade, Videospiele wie Fascism-Fighters III mit Justin Justice, und Sahra Wagenknecht tritt in Filmen wie Red Revenge auf.
Aber viele sind unzufrieden: Es gibt eine Widerstandsgruppe, die "Bürger-Brigade" (angeführt von Alexander Bürger), die sogar Sprengstoffattentate durchführt.
Touristen aus dem Westen müssen immer noch den Zwangsumtausch mitmachen - 1 Euro ist dabei 3 Ost-Mark wert.
Achja: Angela Kasner wurde Physiknobelpreisträgerin und darf Werbung für den neuen Phobos machen. Und auf dem Werbeplakat ihre Hände rautenförmig halten. Weil sich manche Dinge nie ändern.
Handlung[]
Hauptcharakter Wegener ist der typische zynische Bulle: Raucht und trinkt zuviel, ernährt sich von ungesundem Essen (z.B. bei Wurst-Wilfried oder eben Buletto), hat Sexfantasien, und eine schwierige Beziehung zu seiner Exfrau Karolina Enders, die mittlerweile für die Russen arbeitet - er nennt sie "Gas-Hure". Sein Mentor, der Kriminalistik-Lehrer Major Früchtl, der nach seiner Pensionierung noch als Privatdetektiv arbeitete, bis er eines Tages verschwand - in Stasi-Gefängnissen - begleitet ihn als Mentor weiter in seinem Geist, gibt ihm öfters Ratschläge oder kommentiert die Situation.
Nun müssen der Ostdeutsche Wegener und sein westdeutscher Kollege Brendel einen komplizierten Fall lösen, bei dem es um Politik geht. Der Tote stellt sich als der Politologie-Professor Albert Hofmann heraus, der in den 1980ern aus der BRD übergelaufen ist. Bei der Durchsuchung von seinem Haus fragen sie sich: Warum hatte der Tote soviele West-Bücher (und Sex-Toys)? Wie sich herausstellt, ist er der Erfinder des "Posteritatismus", der Kapitalismus und Sozialismus vereinen und ablösen soll: Soziale Gerechtigkeit, plus Demokratie und Rechtsstaat.
SPOILER! Es stellt sich heraus, dass Hofmann zwölf Jahre anonym als Gärtner im Bonzenquartier Wandlitz gearbeitet hat. Was erklären würde, warum er im Besitz von wichtigen Staatspapieren ist. Die Bürger-Brigade soll an seinem Tod schuld sein. Wegener sucht weiter und findet Marie Schütz, die sehr viel jüngere Tochter von Hoffmann. Über einen Hausbesetzer und Pop-Sänger bekommt er Infos über Bürger. Marie Schütz' Mutter beging Selbstmord, als sie erst sieben Jahre alt war; Marie war die einzige Vertraute ihres Vaters, spielte nach außen hin sogar seine Hure. Daher weiß sie: Er stand als Ideengeber hinter dem Putsch von Krenz. Und verrät ein wichtiges Detail: Er trug nie Schuhe mit Schnürsenkeln, immer nur Slipper. Aber bei seinem Tod trug er Schuhe, deren Senkel mit acht Knoten zusammengebunden waren. Ein Markenzeichen der Stasi, wenn der Tote ein "Verräter" war. Aber vielleicht will nur jemand der Stasi den Mord in die Schuhe schieben? Oder will sie nur, dass man genau das glaubt?
Wegener wird zu einem Gabriel Opitz geführt, erfährt von einem Ronny Gruber von der gleichnamigen Brigade, der aber Stasi-IM ist. Nun wurde auch noch ein Dr. Christian Kayser ermordet. Schließlich trifft Wegener den Anführer Bürger selbst. Ronny Gruber hat die Brigade bei den Behörden wegen dem Hofmann-Mord beschuldigt. Bürger sagt ihm, dass Opitz wirklich der Mörder war, dass sie Demokratie und nicht Posteritatismus wollen, und gegen Schily sind. Ronny soll Bürger auch von dem Putsch-Plan von Hoffmann und Schily berichtet haben. Diese Info stammt von der Stasi, vermuten sie. Inzwischen wurde auch Gruber erschossen. Hoffmann hat vor seinem Tod noch eine Dr. Gerda Frommann besucht, in einem exklusiven Altenheim, also geht es nun dorthin. Christa Wolf und Luc Jochimsen scheinen auch dort zu wohnen, ebenso die Ex-Volksbildungsministerin Margot Honecker, die mittlerweile senil geworden ist und ständig Lieder von Wolf Biermann singt. Wegener kriegt Koordinaten von Dr. Frommann, an denen eine Zeitkapsel liegen soll. Die Stasi hat Gruber in die Brigade eingeschmuggelt, er sollte Bürger töten, aber der ist zu misstrauisch, um ihn an sich heranzulassen. Wegener erzählt Marie von den Koordinaten und der Zeitkapsel. Sie enthüllt ihm den Plan D: Schily und Lafontaine kooperieren, wollen die Wiedervereinigung. Sie fahren hin, er baut einen Unfall und wird bewusstlos. Als er aufwacht, hat Marie ihn gefesselt. Sie will die Dokumente veröffentlichen, am besten, indem sie sie Lafontaine selbst gibt.
Sonstiges[]
Es existiert eine englische Übersetzung (Link unten), die aus unerfindlichen Gründen viele ostdeutsche Politikernamen in völlig fiktive geändert hat. Aus Honecker wurde Stangier, aus Krenz Hans-Walter Moss, aus Schily Hermann Millard, usw.
Insgesamt wurde Plan D in elf Sprachen übersetzt.
In Das gibts in keinem Russenfilm von Thomas Brussig, ebenfalls ein Alternativgeschichte-Roman, hat Simon Urban in dieser AZL ebenfalls ein Alternativgeschichte-Buch namens Plan D geschrieben - in dem er postuliert, was denn wäre, wenn die DDR wie in UZL gestorben wäre. Der Ich-Erzähler von Russenfilm hält diese Handlung für völlig unwahrscheinlich: Ein Neonazi-Trio kann jahrelang, ungestört von Polizei und Geheimdiensten, Türken morden? Der Eiserne Vorhang wurde 1989 in Ungarn von Privatpersonen geöffnet? Die Mauer wird geöffnet, nur weil der SED-Funktionär Schabowski sich verplappert?
Zeitlinien Deutschland Nachkriegszeit und DDR-Ära |
---|
Europa ohne Deutschland | Morgenthau in Deutschland | Der 4. deutsche Staat | Die Drei-Staaten-Lösung | Die Mauer 2000 | Schwarz-Rot-Gold an der Pregel - Ein bundesdeutsches Ostpreußen | Vier-minus-Zwei-Vertrag | Dutschkes Weg | Die Katastrophe von Berlin | Die Neun-Staaten-Lösung | Kohl 1976 |