Die Rote Armee (offiziell Rote Arbeiter- und Bauernarmee) ist die Bezeichnung für das Heer und die Luftstreitkräfte Sowjetrusslands bzw. ab 1922 der Sowjetunion. Hinzu kommt die sowjetische Marine, auch Rote Flotte genannt. Sie stammen aus der Zeit nach der Oktoberrevolution, als die Bolschewisten unter Führung von Trotzki eine Armee bildeten, die im Russischen Bürgerkrieg den Kämpfern ihrer Gegner (speziell der "Weißen Armee") gegenüberstand.
Offiziell wurde sie am 28. Januar 1918 (greg.) gegründet. Anfangs war sie eine Freiwilligenarmee ohne Dienstgrade, Rangabzeichen oder besondere Hervorhebung einzelner Funktionsträger. Kommandeure wurden demokratisch gewählt, und die Befehle der Offiziere konnten durch die Untergebenen diskutiert und abgelehnt werden. (Im Spanischen Bürgerkrieg hielten es viele linke Truppen auch noch so.) Aber schon im Juni 1918 wurde dies von Trotzki geändert, die Offiziere wieder von oben ernannt, und die Todesstrafe wieder eingeführt. Auch gliederte er viele zaristische Offiziere in die Rote Armee ein - Ende 1918 machten sie bereits wieder 75% der Offiziere aus. Damit sie nicht an Rebellion dachten, wurden ihre Familien quasi als Geiseln genommen.
Auf diese Weise gewann die Rote Armee - für viele unerwartet - den Bürgerkrieg, auch wenn Finnland, die baltischen Staaten, und Polen selbständig blieben, und letzteres den Sowjets 1920 bei Warschau eine schwere Niederlage zufügte.
1925 wurde das erste für die gesamte Sowjetunion gültige Wehrpflichtgesetz erlassen. Die Einberufung erfolgte mit dem vollendeten 21. Lebensjahr bei Dienstzeiten von zwei bis vier Jahren im stehenden Heer bzw. weniger als einem Jahr in den Milizverbänden. Zum Waffendienst wurden nur „Arbeiter und Bauern“ herangezogen.
Anfangs vermied man traditionelle Ränge und benutzte deswegen Begiffe wie "Bataillonskommandeur" ("KomBat"). 1935 wurden wieder Berufsoffiziere eingeführt, seit Mai 1940 auch wieder Generäle und Admiräle. Georgi Schukow ist einer der ersten von ihnen.
An revolutionären Traditionen bleiben nur noch Kleinigkeiten, z.B. dass es keine Schulterstücke wie in anderen Armeen gibt, oder die Ränge mit "Würfeln und Rauten" gekennzeichnet sind.
Diese Entwicklung setzte sich fort - das allgemeine Duzen, auch von höhergestellten, wurde abgeschafft, bedingungsloser Gehorsam eingeführt.
Die als Stalin-Verfassung bekannte Verfassung der UdSSR von 1936 erklärte im Zeichen einer weiterhin massiven Aufrüstung die Wehrpflicht nunmehr zur „heiligen Pflicht“ sämtlicher Sowjetbürger. In der Folge wurde das Wehrpflichtgesetz von 1939 verabschiedet. Es schrieb den Übergang zu einer vollständig nach dem Kaderprinzip organisierten Armee fest und setzte das Einberufungsalter auf 19 Jahre herab.
Seit dem Bürgerkrieg hat die Rote Armee im sowjetisch-chinesischen Grenzkrieg 1929, der Invasion von Sinkiang/Ostturkestan 1934, dem Nomonhan-Zwischenfall 1939, bei der Besetzung von Ostpolen 1939, und dem Winterkrieg 1939/40 mit Finnland gekämpft.
Seit 1922 wird in der Sowjetunion jedes Jahr am 23. Februar der Tag der Roten Armee gefeiert. Er ist allerdings nicht arbeitsfrei. Ihre Militärzeitung ist der "Rote Stern" (Krasnaja Swesda).
Stärke und Bewaffnung[]
Die Friedensstärke der sowjetischen Streitkräfte lag Ende der 1920er Jahre bei etwa 700.000 Mann und wuchs bis 1933 auf mehr als eine Million an. 1937 waren es 1,3 Millionen, und die Zahl stieg weiter - Stalin war besorgt über die Aufrüstung der Wehrmacht, die angeblich zeitweise soviele Soldaten wie die Rote Armee hatte, obwohl Deutschland soviel kleiner als die Sowjetunion war. 1938-41 verdreifachte sich ihre Stärke auf 5 Millionen Mann, die aber meist nicht hinreichend ausgebildet waren - bis hinauf zu den Generälen.
Bis 1936 wurden zwischen 10.000 und 15.000 hauptsächlich leichte und mittlere Panzer gebaut. Die Rote Armee besaß damit die an Zahl und Gewicht stärkste Panzerwaffe der Welt. Zum Vergleich: Nazi-Deutschland besaß im Jahre 1939 etwa 2500 Panzer, hauptsächlich leichte und mittlere.
Weiterhin war die Sowjetunion führend beim Aufbau von Luftlandetruppen. 1934/35 wurden die ersten sowjetischen Radaranlagen erprobt, die im Winterkrieg gegen Finnland erstmals eingesetzt wurden.
Der Preis war entsprechend: 1940 musste die Sowjetunion ein Drittel ihrer volkswirtschaftlichen Gesamtausgaben für die Truppen aufwenden - umgerechnet elf Milliarden US$.
Während der großen Stalinschen Säuberungen, vor allem in den Jahren 1937 bis 1939, wurden sehr viele höhere Offiziere durch den NKWD in Gulags deportiert oder ermordet. Verhaftet wurden drei von fünf Marschällen der Sowjetunion, 13 von 15 Armeekommandeuren, 57 von 85 Korpskommandeuren, fast alle Kommandeure von Divisionen und Brigaden, etwa die Hälfte aller Regimentskommandeure und 75 von 80 Mitgliedern des Obersten Militärrats. Von Anfang 1937 bis Anfang Mai 1940 wurden 34.301 Offiziere aus ihren Ämtern entfernt. Von ihnen mussten etwa 70% den Weg in den Gulag gehen. Diese weitestgehende Zerschlagung des Offizierskorps sollte sich zunächst im Winterkrieg gegen Finnland bitter rächen.
Die Rote Armee war nun kaum noch selbstständig, womit die KPdSU vor allem jegliche politische Konkurrenz abwenden wollte. Allerdings lähmte sie dadurch auch ihre militärische Handlungsfähigkeit. Beispielsweise fand die Offiziersausbildung in von der Partei geführten Akademien statt. Darüber hinaus war eine Beförderung nur möglich, wenn der fragliche Offizier Parteimitglied war, und ebenso bedurfte jeder militärische Befehl der Gegenzeichnung eines Politoffiziers. Jedes Regiment der Roten Armee hat einen NKWD-Trupp und einen politischen Stab, angeführt von einem Major.
Die Nazis haben keinen Respekt für die Rote Armee, nennen sie "Koloß auf tönernen Füßen" oder "tönerner Koloß ohne Kopf". Wie die Realität aussieht, muss sich nun zeigen.
Gegen Nazi-Deutschland[]
Als das Unternehmen Barbarossa begann, verfügte die Rote Armee über 220 Divisionen im Westen (inklusive etwa 50 in Reserve), die in fünf Fronten organisiert waren:
- Nord (Leningrad und Karelien/Kola): Etwa 20 Divisionen.
- Nordwest (Baltikum): Gut 20 Divisionen.
- West (Weißrussland): Gut 40 Divisionen.
- Südwest (Nordukraine/Galizien): Etwa 50 Divisionen.
- Süd (Südukraine/Bessarabien) - erst nach Beginn der Kämpfe gebildet. Etwa 30 Divisionen.
Hinzu kamen zu Beginn etwa 80 Divisionen in anderen Landesteilen, insbesondere dem Fernen Osten.
Der Roten Armee standen über 10.000 Panzer, etwa 10.000 Flugzeuge, und über 40.000 Geschütze zur Verfügung, wenn auch zu einem großen Teil veraltet und von geringerer Qualität als die deutschen. Nur ihre modernen Panzer wie der T-34 und die KW-Serie waren den deutschen überlegen, aber dazu gehörte nicht einmal ein Zehntel.
Innerhalb der ersten Kriegswoche wurde die Rote Armee auf 9 Millionen Mann verstärkt - ein Zeichen, dass es für die Wehrmacht nicht leicht werden würde.
