1990 kommt es nach der Friedlichen Revolution in der DDR zu Verhandlungen der beiden deutschen Staaten und der vier Alliierten über die Wiedervereinigung. Dann wirft die Sowjetunion ein Pfund in die Waagschale, mit dem niemand gerechnet hatte: Ostpreußen. Vor allem dem unermüdlichen Wirken von Franz Josef Strauß ist es zu verdanken, dass schlussendlich auch die Wirkungsstätte von Immanuel Kant dem wiedervereinigten Deutschland zufällt - mit all den unausweichlichen Folgen für die Innen- und Außenpolitik der BRD.
Diese Einführungsseite soll die wesentlichen Grundzüge der Ereignisse der Wendejahre sowie die innen- wie außenpolitischen Auswirkungen der Rückgabe des nördlichen (russischen) Ostpreußens an den gesamtdeutschen Staat darstellen.
Vorgeschichte[]
1945 hatte das Deutsche Reich nach dem Zweiten Weltkrieg seine bedingungslose Kapitulation erklären müssen. Das Reichsgebiet wurde unter den vier Hauptalliierten - Großbritannien, Frankreich, den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion - aufgeteilt und besetzt. Die deutschen Ostgebiete, also vor allem Pommern, Schlesien und das südliche Ostpreußen, waren unter (vorläufige) polnische Verwaltung gestellt, de facto aber dauerhaft von Polen annektiert und nach der Vertreibung eines Großteils der deutschen Bevölkerung neu besiedelt worden. Das nördliche Ostpreußen mit der Hauptstadt Königsberg wurde unter sowjetische Verwaltung gestellt, die deutsche Bevölkerung ebenfalls vertrieben und ein militärischer Sperrbezirk eingerichtet, in dem außer den Angehörigen der Ostseeflotte nur wenige Menschen dauerhaft lebten.
1949 wurden in den drei westlichen Besatzungszonen die Bundesrepublik Deutschland und in der sowjetischen Zone die Deutsche Demokratische Republik gegründet, zwei deutsche Staaten also, die sich in der Folge gegenseitig nicht anerkannten und jeweils einen Alleinvertretungsanspruch für das ganze Deutschland formulierten. Die DDR distanzierte sich dabei von jeder vorherigen deutschen Staatlichkeit, während die Bundesrepublik sich von Anfang an als völkerrechtlich identisch mit dem vormaligen Deutschen Reich betrachtete. Dazu gehörte auch, dass für die bundesdeutsche Seite ein Gesamtdeutschland nach wie vor alle Gebiete umfassen musste, die 1937 zum Reich gehört hatten. Entsprechend verhielten sich die westdeutschen Parteien auch gegenüber den Vertriebenenverbänden, die weiterhin auf eine Rückkehr in ihre Heimat hofften. So waren zum Beispiel auch seit Beginn der 1960er Jahre Atlantenhersteller gesetzlich verpflichtet, die Reichsgrenzen auf jeder offiziellen Karte mit abzudrucken. Auch nachdem sich die SPD im Rahmen der Neuen Ostpolitik Willy Brandts von diesem revisionistischen Duktus entfernt hatte, blieb die Forderung in den rechten Parteien der Union weiterhin Programm. Aussicht auf Erfolg hatten solche Planspiele im Zeichen des Kalten Krieges freilich keine.
Die Situation änderte sich grundlegend, als sich unter dem Einfluss der Reformen Michail Gorbatschows in der Sowjetunion auch in der DDR der Unmut über das Regime Luft machte. Den Beginn lang anhaltender Massenproteste markierten die Kommunalwahlen vom 7. Mai 1989, bei denen der Staatsführung trotz des ohnehin fehlenden demokratischen Wettstreits massive Wahlfälschungen nachgewiesen werden konnten. Es entwickelten sich die sogenannten Montagsdemonstrationen, die im Laufe der folgenden Monate immer größeren Zuspruch erfuhren. Unter den Parolen "Wir sind das Volk", "Wir sind EIN Volk" und "Die Mauer muss weg!" marschierten die Demonstranten für Demokratie, Reisefreiheit und Wiedervereinigung. Nachdem Erich Honecker - selbst in der SED-Führung galt er vielen als Ewig-Gestriger - entmachtet und durch Egon Krenz ersetzt worden war, versuchte die DDR eine vorsichtige Öffnung, die jedoch am 9. November durch eine unbedachte Äußerung des Politbüro-Mitglieds Günter Schabowski bei einer Pressekonferenz zunichte gemacht wurde. Er erklärte im Zuge einer Neuregelung der Reise-Regelungen für DDR-Bürger nach dem Westen auf die Nachfrage eines westdeutschen Reporters, dass diese Regelungen "sofort, unverzüglich" in Kraft treten sollten. Daraufhin strömten die DDR-Bürger zu Tausenden zu den Grenzübergängen und die völlig unvorbereitete und überforderte Nationale Volksarmee gab dem Ansturm schließlich nach. Damit war die Mauer gefallen und der Untergang des SED-Regimes nicht mehr aufzuhalten. Am 18. März 1990 fanden schließlich demokratische Wahlen statt und die SED-Diktatur wurde durch eine bürgerliche Regierung unter Führung der (Ost-)CDU ersetzt.
Der steinige Weg zur Wiedervereinigung[]
Bereits ab Februar 1990 begannen die sogenannten Zwei-Plus-Vier-Gespräche zwischen der BRD und der DDR auf der einen und den vier Besatzungsmächten auf der anderen Seite. Sowohl die Sowjetunion als auch die Vereinigten Staaten unterstützten die Vereinigungsbemühungen der beiden deutschen Staaten, während Frankreich und insbesondere Großbritannien ein erneutes Erstarken Deutschlands in Europa fürchteten.
Die ostpreußische Frage[]
Mitten in den Verhandlungen über die Bedingungen der deutschen Wiedervereinigung erreichte ein geheimes Fernschreiben der deutschen Botschaft in Moskau Bonn. Der sowjetische Generalmajor Geli Batenin hatte gegenüber dem Botschaftsmitarbeiter Joachim von Arnim Interesse an Verhandlungen geäußert und erklärt, es gäbe "eine Frage des nördlichen Ostpreußens". Diese Frage stellte sich den Sowjets vor allem deshalb, weil durch die im März 1990 ausgerufene Unabhängigkeit Litauens das fragliche Gebiet nun räumlich vom Rest der Sowjetunion abgeschnitten war und sich nur schwer würde versorgen lassen. Arnim gab sich verschlossen, doch in Bonn erregte der Bericht einige Aufmerksamkeit.
Insbesondere der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Franz Josef Strauß, seit jeher als Revisionist in Bezug auf die deutschen Ostgebiete bekannt, witterte nun Morgenluft angesichts der Signalwirkung, die diese Erwerbung für den Rest der Ostgebiete bedeuten könnte. Dies umso mehr, als der Freistaat Bayern 1982 unter seiner Regierung eine offizielle Patenschaft für die Landmannschaft Ostpreußen übernommen hatte. So schaltete er sich persönlich in die Verhandlungen ein, korrespondierte zunächst selbst über mehrere Wochen intensiv mit General Batenin und drängte Bundeskanzler Helmut Kohl anschließend zu einer direkten Unterredung mit Michail Gorbatschow. Dieser signalisierte, dass das nördliche Ostpreußen auf lange Sicht ein Klotz am Bein des ohnehin wankenden Sowjetimperiums sei und daher als Tauschobjekt gegen wirtschaftliche Vergünstigungen und Zuwendungen der Bundesrepublik wesentlich lohnender eingesetzt werden könne. Der sowjetische Staatspräsident warf im weiteren Verlauf der Gespräche die Zahl von drei Milliarden Mark in die Diskussion, die als Wirtschaftskredit im Tausch für Ostpreußen in die Staatskasse fließen könnten.
Schärfster Gegner von Strauß im Streit um Ostpreußen war Außenminister Hans-Dietrich Genscher, der erklärte, Ostpreußen "nicht einmal geschenkt" haben zu wollen. Daraufhin mobilisierte Strauß nicht nur die CSU, mehrere CDU-Landesverbände sowie insbesondere die "Ost- und Mitteldeutsche Vereinigung" der Union für eine Kampagne zur Rückholung Ostpreußens, sondern auch die Vertriebenenverbände, die sich medial stark in Szene setzen konnten. Als Kanzler Kohl sich durch den Druck aus den eigenen Reihen mehr und mehr aufgeschlossen für Verhandlungen über den Rückerwerb Ostpreußens zeigte, erklärte Genscher aus Protest gegen diese Entwicklung im August 1990 seinen Rücktritt. Sein Nachfolger wurde Klaus Kinkel. Die Verhandlungen zur Wiedervereinigung führten jedoch in der Folge vor allem Bundeskanzler Kohl und Franz Josef Strauß. In den Verhandlungen ab Mitte August 1990 stand daher immer auch Ostpreußen mit im Fokus.
Widerstand aus Polen[]
Während die Sowjetunion den deutschen Kurswechsel in der ostpreußischen Frage begrüßte und die Vereinigten Staaten die größeren Baustellen in anderen Bereichen sahen, verfolgte der östliche Nachbar Polen den Fortgang der Verhandlungen mit Sorge. Den Polen waren die Probleme der Zwischenkriegszeit mit den deutschen Nachbarn noch in schmerzlicher Erinnerung. Die Rückgliederung des nördlichen Ostpreußens würde eine katastrophale Infragestellung des status quo bedeuten, da dadurch die alte Korridorfrage der 20er Jahre ebenso vor einer Neuauflage stünde wie der Streit um die deutsch-polnische Grenze. Ostpreußen wäre, wie schon nach dem Ersten Weltkrieg, vom Rest Deutschlands abgetrennt und müsste als Exklave entweder über einen Korridor durch polnisches Gebiet, per Schiff oder aus der Luft dauerhaft versorgt werden. Die Polen wandten sich an die französische Delegation, um ihre Besorgnis zum Ausdruck zu bringen.
Die Franzosen brachten anschließend die polnischen Forderungen im Kollegium der Verhandlungsführer ein, zu denen unter anderem die Festschreibung der Oder-Neiße-Linie als Westgrenze Polens, eine Entmilitarisierung des Odertals und Ostpreußens sowie Reparationen für die deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg gehörten. Alle drei Forderungen stießen bei der bundesdeutschen Delegation auf Ablehnung. Dies traf in besonderem Maße für die Reparationszahlungen zu, da man dadurch einen Dammbruch befürchtete und anschließend weitere Staaten ähnliche Bedingungen stellen könnten. Besonders die britische Premierministerin Margaret Thatcher meinte in der Folge, in der Reparationsfrage einen Hebel gefunden zu haben, um die deutsche Wiedervereinigung doch noch zu verhindern. Erst ihr Sturz im November 1990 und der Amtsantritt ihres politischen Ziehsohnes John Major entspannten die Lage wieder. Dieser zeigte sich, als überzeugter Europäer, einer diplomatischen Lösung gegenüber aufgeschlossen. Allerdings verschlechterte sich zeitgleich das Verhältnis zu Polen erheblich, nachdem am 9. Dezember 1990 Lech Wałęsa zum polnischen Staatspräsidenten gewählt worden war. Bereits im Frühjahr 1990 hatte er in einem Interview geäußert, dass Deutschland "von der Landkarte gestrichen werden" müsse, sollte es jemals wieder Europa destabilisieren. Auch wenn er später betonte, diese Aussage sei aus dem Kontext gerissen worden, pägte sie doch in erheblichem Maße die politische Meinung in Polen. Die Gespräche schleppten sich daraufhin bis zum September 1991 weiter ergebnislos hin.
Auswirkungen des Putsches in Moskau[]
Am 19. August 1991 versuchte eine Gruppe hoher sowjetischer Amtsträger mithilfe des MIlitärs und des KGB, gegen Präsident Gorbatschow zu putschen. Sie erklärten seine Abdankung aus gesundheitlichen Gründen und bildeten ein Notstandskommitee, das die Macht übernahm, während Gorbatschow selbst in seinem Ferienhaus auf der Krim unter Hausarrest gestellt wurde. Der Putsch scheiterte innerhalb weniger Tage am Widerstand der Bevölkerung. Wesentlichen Anteil daran hatte der erst am 12. Juni zum Präsidenten der russischen Teilrepublik gewählte Boris Jelzin, der dadurch zum Symbol der Zeitenwende wurde.
Jelzin wurde nun zur bestimmenden Figur der sowjetischen Politik und der Auflösung der UdSSR. Bereits vor dem Putsch hatte Jelzin die Rückgabe Ostpreußens unterstützt. Nun, da das Ende des Sowjetimperiums unausweichlich zu werden schien und zu befürchten stand, dass die RSFSR die Last der Versorgung der Oblast Kaliningrad, die formell ein Teil Russlands war, in Zukunft allein würde tragen müssen. In der Folge setzte er sich nun noch entschiedener für eine Rückgabe des Gebiets ein.
Auch von anderer Seite ergaben sich durch den gescheiterten Putsch neue Möglichkeiten. Viele Staaten erkannten nun die Unabhängigkeit Litauens an, das sich bereits 1990 von der Sowjetunion losgesagt hatte. Am 13. Januar 1991 hatten moskautreue Kräfte in Vilnius versucht, gegen die demokratische Regierung zu putschen und das Land in den Bundesstaat zurückzuzwingen. Der Putsch scheiterte und im Februar wurde die Unabhängigkeit durch eine Volksabstimmung mit überwältigender Mehrheit bestätigt. Die litauische Regierung unter Vytautas Landsbergis, die in den vorangegangenen Monaten von der sowjetischen Führung unter Gorbatschow massiv unter Druck gesetzt worden war, erkannte, dass die Aussicht, von zwei Seiten von den Russen in die Zange genommen werden zu können, für die Zukunft nichts Gutes verhieß. Daher unterstützte auch sie mit Nachdruck die deutschen Ansprüche auf Ostpreußen. Dadurch wurde die polnische Verhandlungsposition erheblich geschwächt.
Abschließende Regelungen mit den östlichen Nachbarn[]
Die Verhandlungen mit Polen und Litauen wurden nun mit neuer Dynamik wieder aufgenommen. In einigen Punkten wie der Reparationsfrage signalisierte die Bundesregierung nun auch ein Entgegenkommen. Die Reparationen sollten jedoch in einem separaten deutsch-polnischen Friedensvertrag geregelt und aus den weiteren 2+4-Gesprächen ausgeklammert werden.
In der Frage der Grenzziehung einigte man sich darauf, die bisherige Formel der Brandtschen Ostpolitik wieder aufzugreifen, nach der sich Deutschland und Polen wechselseitig zur Unverletzlichkeit der bestehenden Grenze bekannten, ohne eine Veränderung auf dem Verhandlungswege explizit auszuschließen. Ein deutsch-polnischer Grenzvertrag sollte die Oder-Neiße-Linie als bestehende Grenze völkerrechtlich absichern. Diese Lösung rief den erwarteten Protest der Vertriebenenverbände hervor, insbesondere da in den Verhandlungen von polnischer Seite keinerlei Einlenken bezüglich der sogenannten Bierut-Dekrete erkennbar wurde und die polnische Seite die Unrechtmäßigkeit der Vertreibungen weiterhin rigoros abstritt.
In der Frage der Entmilitarisierung kam die Bundesregierung den Polen und Litauern weit entgegen, indem sie zusagte, ohne Zustimmung der polnischen und litauischen Seite kein schweres Gerät, keine Luftstreitkräfte und vor allem keine Flotte in Ostpreußen zu stationieren. Für das Odertal machte sie solch konkrete Zusagen hingegen nicht.
Alles in Allem musste das vereinigte Deutschland einige Konzessionen an Polen und Litauen machen, um die Wiedervereinigung in dieser Form erreichen zu können. Die Vertriebenenverbände und der rechte Flügel der Union waren, da sie eine Wiederherstellung der Grenzen von 1937 gefordert hatten, mit dem Ergebnis in dieser Form unzufrieden und ließen sich nur schwer beschwichtigen. Eine unmittelbare Folge war das Erstarken der Republikaner, die im April 1992 bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein aus dem Stand die 5%-Hürde übersprangen. Dabei handelte es sich um eine rechte Abspaltung der CSU, die sich aus dem Widerstand gegen Strauß' Milliardenkredit für die DDR im Jahr 1983 gebildet hatte. In den folgenden Jahren sollte sie zu einer festen Größe werden, die weiterhin für ein Gesamtdeutschland in den alten Reichsgrenzen eintrat.
Ostpreußen und der Föderalismus[]
Eine weitere Hürde auf dem Weg Ostpreußens in die Bundesrepublik stellte deren föderaler Staatsaufbau dar. Da die Bundesrepublik ausschließlich aus dem Gebiet der ihr angehörenden Bundesländer besteht, bestand im Rahmen des Grundgesetzes keine Möglichkeit, Ostpreußen als bundesunmittelbares Gebiet zu übernehmen. Daher stellte sich vor allem Staatsrechtlern die Frage, in welcher Form Ostpreußen Teil der BRD werden könne. Eine Änderung des Grundgesetzes, um ein bundesunmittelbares Gebiet zu ermöglichen, wurde in allen Parteien mehrheitlich abgelehnt. Auch die Bildung eines völlig neuen Bundeslandes und eine Aufnahme im Wege des Art. 23 GG schien schwierig, da in Ostpreußen 1991 nur etwa 3.000 Deutsche lebten und der Großteil der Bevölkerung aus Matrosen der sowjetischen Ostseeflotte und deren Familien bestand. Ein eigenständiges Bundesland hätte sich unmöglich selbst verwalten können angesichts des erdrückenden Übergewichts und der zudem noch ungewissen Zukunft der sowjetischen Staatsbürger im fraglichen Gebiet.
Schließlich war es Franz Josef Strauß, der gemeinsam mit der Landsmannschaft Ostpreußen und der DDR-Regierung den Plan entwarf, Ostpreußen einem neu geschaffenen Land der DDR anzugliedern. Die Volkskammer hatte am 22. Juli 1990 das sogenannte Ländereinführungsgesetz beschlossen, mit dem die fünf auf dem Gebiet der DDR ehemalig bestehenden Länder zum 14. Oktober 1990 wiederhergestellt werden sollten. Die Sowjetunion bzw. die RSFSR sollte demnach nach dem 14. Oktober in einem bilateralen Vertrag Ostpreußen an den neu geschaffen Freistaat Brandenburg-Preußen abtreten, dem nach der Wiedervereinigung auch Berlin als Hauptstadt angeschlossen werden sollte. Das neue Land entsprach dabei grob dem Gebietsstand des alten Kurfürstentums Brandenburg-Preußen im 17. Jahrhundert.
Am 13. Oktober 1991 wurde schließlich der Übergabevertrag für das nördliche Ostpreußen unterzeichnet. Die Vertragsparteien machten sich dabei, ebenso wie die Außenministerien auf Bundesebene, keine Mühe mehr, zu regeln, ob Ostpreußen durch die Angliederung an Brandenburg zugleich auch Teil der DDR geworden war. Ohnedies war dies eine rein theoretische Frage. Die Regelung der konkreten Begleitfragen, die das Bevölkerungs- und Staatsangehörigkeitsrecht betrafen, sollte einem Vertrag zwischen dem vereinigten Deutschland und der Sowjetunion vorbehalten bleiben.
Die Wiedervereinigung[]
Zum 9. November 1991, dem zweiten Jahrestag des Mauerfalls, erfolgte schließlich nach zähen Verhandlungen die Deutsche Wiedervereinigung bzw. der Beitritt der fünf Länder der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes. Die DDR hörte damit auf, zu existieren. Überall im Land fanden Feierlichkeiten statt. Die Hauptfeier fand im Beisein von Bundeskanzler Kohl vor dem Reichstagsgebäude in Berlin statt. Der SPD-Ehrenvorsitzende und ehemalige Bundeskanzler Willy Brandt wurde anschließend mit dem Satz zitiert: "Jetzt wächst zusammen, was zusammen gehört!"
Am 12. Januar 1992 fanden schließlich die ersten gesamtdeutschen demokratischen Wahlen seit 1932 statt. Die laufende Wahlperiode des Bundesages war dafür außerplanmäßig um ein Jahr verlängert worden. Dabei verfehlten sowohl die Grünen als auch die SED-Nachfolgerin PDS den Einzug in den Bundestag, für den Franz Josef Strauß hatte durchsetzen können, dass entgegen den Wünschen der Ostparteien keine getrennten Wahlbezirke für Ost- und Westdeutschland eingerichtet wurden. So erhielt die CDU eine knappe absolute Mehrheit und war bis 1996 nicht mehr auf die FDP als Koalitionspartner angewiesen. Die Ost-Parteien gingen schon bald vollständig in ihren West-Pendants auf. Die Liberaldemokratische Partei der DDR verschmolz mit der westdeutschen FDP, die Nationaldemokratische Partei und die Ost-CDU schlossen sich der CDU an. Bündnis 90 fusionierte mit den Grünen.
Verbot der PDS[]
Ein weniger glückliches Schicksal war der PDS beschieden, denn bereits kurz nach der Wahl stellte die Bundesregierung auf Drängen von Strauß beim Bundesverfassungsgericht einen Verbotsantrag gegen die vormalige Staatspartei der DDR. Gegen sie verwendet wurden vonseiten der Bundesregierung sämtliche Menschenrechtsverletzungen der 40jährigen Diktatur, der Terror der Staatssicherheit und andere verfassungsfeindliche Regierungsmaßnahmen. Nach langer und intensiver Verhandlung folgte das Bundesverfassungsgericht schließlich dem Antrag der Bundesregierung und fasste in seinem Urteil das Verbot ähnlich weitreichend wie im Falle der NSDAP. Alle realsozialistischen Symbole, sämtliche Nachfolgeorganisationen und alle angeschlossenen Organisationen waren demnach zu verbieten und aufzulösen. Dies betraf nicht nur die PDS und die FDJ, Symbole wie das SED-Logo mit dem Handschlag oder Hammer und Sichel, sondern auch alle Hoheitszeichen, Orden und andere Symbole der realsozialistischen Diktatur, so auch die Flagge der DDR, die Nationalhymne der DDR oder die Uniformen und Abzeichen der Nationalen Volksarmee. Auf politischer Ebene verlor die PDS durch diese Entscheidung alle Mandate auf kommunaler und Landesebene, gesellschaftlich spaltete diese Entscheidung die Bevölkerung in den neuen Bundesländern weiter. Während die Opfer der Diktatur mehrheitlich diese scharfe Linie begrüßten und sich Hoffnung auf späte Gerechtigkeit machen konnten, fühlten sich andere ehemalige DDR-Bürger durch das Urteil zu Mittätern gestempelt.
Wirtschaftliche Maßnahmen[]
Die Staatsbetriebe der DDR wurden gleichzeitig in eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, sie sogenannte Treuhand, überführt. Diese verwaltete das Staatsvermögen der DDR und sorgte für einen Abverkauf von Produktionsanlagen und Fabriken. In vielen Fällen bedeutete dies für die Menschen im Osten einen Ausverkauf ihrer Arbeitsplätze an westdeutsche Großunternehmen und Finanzhaie. Hunderttausende Arbeitsplätze, die sich im Kapitalismus nicht mehr rentierten, fielen dadurch innerhalb weniger Jahre weg. Die Folge war eine große Frustration innerhalb der ostdeutschen Bevölkerung, die sich vom Westen neben der politischen Freiheit vor allem Wohlstand und Konsum erhofft hatten.
Fortsetzung folgt...
Reintegration Ostpreußens[]
Ein vordringliches Ziel der Politik der folgenden Jahre musste die vollständige Wiederangliederung des nördlichen Ostpreußen an deutsche Verhältnisse sein. Zum Zeitpunkt der Übergabe lebten nur etwa 3000 Deutsche in dem Gebiet, dafür aber knapp eine Million Russen, Weißrussen, Ukrainer und Litauer. 1992 schlossen die deutsche Bundesregierung und die Regierung der neugegründeten Russischen Föderation unter Boris Jelzin einen Vertrag, der die Fragen der Staatsangehörigkeit in dem Gebiet regelte. Alle deutschstämmigen Bewohner galten dadurch unmittelbar als deutsche Bundesbürger und erhielten deutsche Ausweisdokumente. Für die übrigen Bewohner galt eine Frist von drei Jahren, binnen derer sie sich zu entscheiden hätten, ob sie in einem vereinfachten Einbürgerungsverfahren die deutsche Staatsangehörigkeit annehmen oder Staatsangehörige anderer Staaten werden wollten. Außerdem sah der Vertrag für russische Staatsbürger eine großzügige Ausreisehilfe vor, sollten sie in russisches Gebiet übersiedeln wollen. Ein Großteil der russischstämmigen Bewohner Ostpreußens machte von diesem Recht Gebrauch, sodass 1994 nur noch knapp 300.000 Menschen in dem Gebiet lebten - ein Verlust von zwei Dritteln.
Deutsche Wiederbesiedlung[]
Schon bald nach der Rückgabe Ostpreußens entstanden eine ganze Reihe privater Initiativen, die versuchten, eine Wiederansiedlung Vertriebener sowie den Zuzug weiterer Siedler zu fördern. Besonders erfolgreich war in diesem Zusammenhang die 1991 von dem rechtsextremen Verleger Dietmar Munier gegründete "Aktion Deutsches Königsberg", die sich insbesondere um den Zuzug von Russlanddeutschen bemühte. Etwa 50.000 sogenannte Spätaussiedler, viele davon Nachfahren von Wolgadeutschen, kamen bis 1995 ins Land. Von den etwa 200.000 Heimatvertriebenen, die sich in dem Gebiet ansiedelten, war ein erheblicher Teil allerdings schon in fortgeschrittenem Alter, sodass von dieser Seite keine langfristige Konsolidierung der Bevölkerungsstruktur zu erwarten war. Der von den Vertriebenenverbänden beschworene "Aufbruch nach Osten" der jungen Generationen blieb aus.
Das Fehlen einer stabilen deutschen Besiedlung führte für die Verwaltung des Gebiets zu einigen schwerwiegenden Problemen. Es gab kaum geschulte Beamte, die sich freiwillig nach Ostpreußen versetzen ließen. Auch die Struktur der vormaligen deutschen Landkreis- und Gemeindegrenzen war unter diesen Voraussetzungen obsolet. Zahlreiche Ortschaften blieben nach dem Wegzug der Russen als Geisterdörfer zurück, während viele der vor dem Zweiten Weltkrieg bedeutenden Zentren des Landes wie Tilsit zu Zwergstädten herabsanken. Franz Josef Strauß setzte sich ab 1995 entschieden dafür ein, dass aus dem Bundeshaushalt großzügige Fördermittel nach Ostpreußen flossen und durch verschiedene Vergünstigungen auch andere Deutsche zum Umzug in die Region bewogen werden sollten. Der Erfolg hielt sich in Grenzen, sorgte aber zumindest dafür, dass die historische Bausubstanz restauriert werden konnte. Durch eine private Stiftung konnte die Albertus-Universität Königsberg 1996 wiederbelebt werden, zog aber zunächst nur wenige namhafte Professoren an.
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